Samstag, 28. Mai 2016

Haruki Murakami "Die unheimliche Bibliothek" [Interview]



Hallo Fabian! Was liest du gerade?

Was ich gerade lese? Neben einigen Fachbüchern für die Arbeit und privat, bin ich gerade mit etwas fertig geworden, und zwar: Die Kurzgeschichte - oder die Erzählung - "Die unheimliche Bibliothek" von Haruki Murakami.


Um was geht´s da?

Augenscheinlich geht´s um mit die Erlebnisse eines Jungen, oder jungen Mannes, der wegen einem ziemlich belanglosem Thema ein Buch aus der Bibliothek ausleiht, von dem Bibliothekar in eine Falle gelockt und gefangen gehalten wird. 


Also recht typisch Murakami?

Genau! Sehr abstrus, sehr kafkaesk!


Liest du viel Murakami?

Ja! Murakami zählt zu meinen Lieblingsautoren, wobei ich die kafkaesken Werke, wie zum Beispiel "Tanz mit dem Schafsmann", "Mister Aufziehvogel", "IQ84", deutlich lieber mag wie die Liebesgeschichten wie "Naokos Lächeln" oder "Gefährliche Geliebte".


Wie würdest du deine Kurzgeschichte so ganz, ganz grob in Murakamis Werk einordnen? 

Es ist ein sehr frühes Werk von Murakami, denke ich. Also ich weiß, dass es aus den Achtzigern ist; damit müsste es eines seiner ersten Werke sein. In Deutschland ist es allerdings erst vor einigen Jahren erschienen. Es hat auch einige Ähnlichkeiten mit seinen anderen Sachen. Nicht nur im Bezug auf die etwas absurde, kafkaeske Handlung, sondern auch ein Charakter, der dem Einen oder Anderen bekannt vorkommen könnte, taucht darin auf: Der Schafsmann, der auch in "Wilde Schafsjagd" und Tanz mit dem Schafsmann" vorkommt.


Hat die Erzählung mit den beiden Romanen auch einen inhaltlichen Zusammenhang?

Hm, inhaltlich nicht direkt, nein!


Die Protagonisten sind dann auch anders?

Ja,. Also der Protagonist in "Die unheimliche Bibliothek" ist namenlos, könnte also rein theoretisch die gleiche Person sein, die auch in "Wilde Schafsjagd" auftaucht, allerdings dann in einem anderen Alter und unter anderen Umständen. Der Protagonist in "Die unheimliche Bibliothek", auch wenn kein Alter explizit genannt wird, ist vermutlich noch Schüler.


Wie bist du zu Murakami gekommen?

Wann war das? [denkt nach] Vor etlichen Jahren war ich regelmäßiger Hörer einer Radiosendung, einer Hörertalksendung und dort wurde das zum Einen vom Moderator selbst empfohlen, zu einer Sendung zur Frankfurter Buchmesse...


Die Kurzgeschichte oder Murakami selbst?

Nein, Murakami, die Kurzgeschichte gab es damals noch nicht. Das konkrete Buch war, glaube ich, entweder "Wilde Schafsjagd" oder "Hardboiled Wonderland oder Das Ende der Welt". Kurz darauf - ich habe das damals erstmal und "Ja vielleicht mal" abgestempel - hat ein Freund von mir das auch nochmal empfohlen. Dann dachte ich: Ok, jetzt habe ich an zwei Ecken, jemand den ich persönlich kenne und jemand den ich sehr gerne höre, die Empfehlung bekommen, also: Mal reinlesen! Und dann bin ich hängen geblieben!


Was fasziniert dich so an ihm, dass du hängen bleibst?

Gerade bei diesen etwas absurderen Werken: Wie traumhaft die Werke eigentlich sind! Traumhaft nicht im Sinne von schön und alles ist heile Welt und bunt, sondern eher die Absurdität und auch schon das Alptraumhafte, ohne wirklich schrecklich zu sein - was sich ja auch in "Die unheimliche Bibliothek" sehr gut zeigt. In dieser Bibliothek eingesperrt zu sein ist ja an für sich schon etwas Unangenehmes, aber konkret wird dieser namenlose Protagonist ja nicht eingesperrt um des eingesperrt seins Willen, sondern er wird gezwungen, die Bücher, in denen er eigentlich nur kurz etwas nachlesen wollte, auswendig zu lernen. Zuerst erzählt man ihm: Am Ende gibt es eine Prüfung und wenn du die bestehst, darfst du wieder raus! Aber relativ bald erzählt ihm der Schafmann, der seinen unfreiwilligen Wächter spielt und gegen seinen Willen auf ihn aufpassen muss, das in Wirklichkeit derjenige, der ihm die Falle gestellt hat, vorhat sein Gehirn zu essen, das, nachdem es viel Wissen aufgezogen hat, besonders schmackhaft ist. Und im Prinzip machen das alle Bibliotheken so! 


Super!
 
[Lacht] Da weißt du ja vielleicht Näheres, du hast ja mal in einer gearbeitet!


Ja, wir haben auch immer Gehirne gegessen! - Der Begriff ist ja schon gefallen: Es ist sehr kafkaesk! Wenn man jetzt Kafka und Murakami ins Verhältnis setzt: Was macht ihn anders als Kafka?


Es ist etwas konkreter als Kafka, nicht ganz so absurd und meistens nehmen die Geschichten und Romane zumindest ein neutrales Ende, während ja bei Kafka häufig das schlimmstmögliche Ende passiert. Bei der Rezension zu der Bibliotheksgeschichte wurde das als ein Hauptunterschied zu Kafka erwähnt, dass es am Ende für den Protagonisten ein gutes Ende nimmt. Am Ende kommt er wieder frei, Friede, Freude, Eierkuchen... - Dem würde ich allerdings nicht zustimmen! Ich weiß jetzt nicht, wie weit ich das Ende spoilern darf?


Vielleicht nicht unbedingt spoilern!

Ok! - Die Rezension hat in der Hinsicht recht, dass er freikommt, aber nach dem freikommen passiert etwas, auch wenn das nur in einem Absatz erwähnt wird, das sowohl für den Protagonisten, als auch für mich, deutlich schlimmer wäre, als das, was in der Bibliothek passiert ist. 


Würdest du die Geschichte trotzdem empfehlen? Oder gerade deswegen?

Ja! Gerade deswegen! Das schöne an der Geschichte ist: Man bekommt sehr viele Möglichkeiten die Geschichte zu interpretieren: Was sie für einem selbst bedeutet! Ich selber habe sie mittlerweile zwei Mal gelesen. Beim ersten Mal habe ich vor allem die Atmosphäre mitgenommen, das beklemmende Gefühl. Jetzt beim zweiten Mal, auch wenn ich viele Impressionen von meinem ersten Lesen teilen konnte, fallen einem doch viele Sachen auf, die dann noch weitere Interpretationsmöglichkeiten eröffnen und es einem möglich machen, noch tiefergehende Erkenntnisse rauszupressen. 


Also würdest du definitiv empfehlen, es mehrmals zu lesen?

Ja, auf jeden Fall! Auch, weil ein paar kleinere Sachen darin vorkommen, die vielleicht erst beim Zweiten lesen auffallen. Zum Beispiel: Der Protagonist bringt am Anfang zwei Bücher in die Bibliothek zurück und beide Bücher deuten von ihrem Inhalt und ihrem Titel eigentlich schon etwas an, was im Laufe der Geschichte passiert. Das eine war über den Bau von U-Booten , das andere geht über backen oder Bäckerein oder Backwerk. Auch wenn später im Buch kein Boot vorkommt: Dieses beklemmende Gefühl im Keller, in der Enge, hat schon gewisse Parallelen zu U-Booten, während Backwerk in der Tat noch eine Rolle spielt. 


Hätte ich dich noch etwas ganz Wichtiges fragen sollen?

Zu der deutschen Ausgabe gibt es noch etwas zu sagen - und meines Wissens gibt es das auch nur in der deutschen Ausgabe und nicht in der Originalausgabe oder anderen Übersetzungen: Die deutsche Ausgabe ist illustriert. Mit wirklich gut gemachten Illustrationen, die auch das alptraumhafte gut wiederspiegeln. Das wurde vom Herausgeber/Verleger vermutlich auch entschieden, es so zu machen um es einfach zu rechtfertigen, ein eigenes Buch für eine Kurzgeschichte rauszubringen! Man muss nämlich sagen: Wenn es jemand um das Geld pro Seite geht, macht man bei dem Buch einen schlechten Deal. Es kostet, glaube ich, schon mehr als zehn Euro [Anm. d. Red.: Für den Kindle] und das Ganze ist doch recht kurz.


Ist das dann nur beim Kindle oder auch im Buch?

Auch im Buch, meines Wissens. 


Liest du öfters japanische Autoren?

Weniger! Außer Murakami - und dem einen oder anderen Manga natürlich -  habe ich keine japanischen Romane gelesen.


Aber Murakami steht definitv wieder auf der Liste?

Definitv! Ich freue mich jedes Mal, wenn ein neues Murakamibuch auf Deutsch übersetzt wird!


Hast du schon eines geplant?

Nein, ich wüsste jetzt auch nicht, welches als nächstes rauskommt!


Und so für dich zum Lesen?

Im Moment lese ich Harry Potter!

Der absolute Klassiker!

Absolut, ja!

Dann vielen Dank für das Interview

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